Sydney Sweeney, American Eagle und das Ende der Wokeness
Warum westliche Eliten plötzlich wieder „Tradition“ lieben – und was das mit China, Russland und Iran zu tun hat
Als American Eagle kürzlich seine neue Kampagne mit Sydney Sweeney vorstellte, war das nicht nur ein cleverer Marketing-Coup. Es war ein kulturelles Statement – und vielleicht der endgültige Beleg dafür, dass die Ära der aggressiven „Wokeness“ ihrem Ende zugeht. Sweeney, Schauspielerin, konservativ konnotiert, feminin, all-american girl-next-door, verkörpert alles, was im vergangenen Jahrzehnt aus den Mode- und Medienwelten regelrecht verbannt wurde.
Diese Wahl ist kein Einzelfall. In den vergangenen Monaten haben mehrere große US-Marken bewusst auf klassisch geprägte, bodenständige Identifikationsfiguren gesetzt – darunter das Comeback konservativ inszenierter Familienidylle in Walmart-Kampagnen, patriotisch aufgeladene Spots von Ford oder das klare Bekenntnis zu traditionellen Werten bei Chick-fil-A und Levi’s. Auch Nike reiht sich in diese Entwicklung ein: In einer kürzlich erschienenen Social-Media-Kampagne zeigte der Konzern den Weltklasse-Golfer Scottie Scheffler nicht in sportlicher Aktion, sondern im vertrauten Bild mit seinem kleinen Sohn – versehen mit der Botschaft: “You’ve already won”. Damit setzt die Kampagne bewusst auf klassische Familienwerte statt extrovertierter Selbstdarstellung.
Die Werbewelt spürt offenbar den kulturellen Umschwung und reagiert schneller als viele politische Akteure. Sydney Sweeney reiht sich damit in eine größere Bewegung ein: Weg von Provokation, Polarisierung und ideologischer Überfrachtung – hin zu Verlässlichkeit, Normalität und kulturellem Anker.
Was hier geschieht, ist mehr als Imagepflege. Es ist ein geopolitisch motivierter kultureller Kurswechsel.
Der Moment, in dem der Westen aufwachte
Wokeness war ein Exportprodukt einer selbstzufriedenen Hegemonie. Die westlichen Eliten konnten es sich leisten, sich mit Pronomen, Mikroaggressionen und strukturellem Feminismus zu beschäftigen – solange niemand ernsthaft an ihrer globalen Vormachtstellung rüttelte. Doch dieser Moment ist vorbei.
Mit dem koordinierten Aufstieg von Russland, China und Iran sehen sich westliche Demokratien zunehmend geopolitisch herausgefordert – militärisch, technologisch, wirtschaftlich und kulturell. Und spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine, dem Hamas-Terror vom 7. Oktober und Pekings Aufstieg zur KI-Supermacht wird klar: Die neuen Gegenspieler haben keine Gender-Debatten. Sie haben Machtambitionen.
American Eagle: Ein Symbol für nationale Rückbesinnung?
American Eagle ist kein Luxuslabel – sondern Mainstream-Amerika. Dass man sich dort für Sweeney entscheidet – statt für die nächste queere Aktivistin oder TikTok-Ikone – ist bezeichnend. Es sendet die Botschaft: Wir wollen wieder stolz sein. Auf uns. Auf das, was wir sind. Ohne Apologie.
Sweeney verkörpert die Rückkehr zu klassischen Schönheitsidealen, traditionellen Rollenbildern, subtiler Patriotismus statt hypermoralischem Selbsthass. Nicht „in your face“, sondern mit Popkultur-Charme. Kein Zufall also, dass sie bei Gen Z wie bei Millennials gleichermaßen funktioniert – sie ist der kulturelle Kompromiss in einem polarisierten Land.
Politik folgt der Kultur – oder umgekehrt?
Der Wandel ist nicht nur ästhetisch, sondern wird politisch flankiert:
USA: Die US-Administration hat stillschweigend eine neue Industriepolitik begonnen. „Buy American“ ist zurück. Milliardenschwere Programme zum Aufbau von Chipfabriken, Energietechnik und Rüstung. Amerika will wieder „machen“ statt nur „moralisieren“.
Deutschland: Das angekündigte 500-Milliarden-Infrastrukturprogramm – mit explizitem Fokus auf Industrie, Energie, Verteidigung. Auch hier: eine Abkehr vom reinem Moralismus, hin zu Beton, Stahl und Selbstbehauptung.
Doch all das reicht nicht.
Die wahre Substanz eines Landes: die Nation
Denn Technologie und Investitionen sind nur Werkzeuge. Was ein Land wirklich trägt, ist sein Volk. Und das lebt von seiner inneren Überzeugung:
Dass es gut ist, was es ist.
Dass es verteidigenswert ist.
Dass es nicht nur "toleriert", sondern glaubt.
Die neue Welt verlangt keine woke Selbstzerfleischung mehr – sie verlangt ein selbstbewusstes Kollektiv. Und das beginnt bei kulturellen Ikonen wie Sydney Sweeney, die in einer simplen American-Eagle-Jeans mehr sagt als jeder Think-Tank-Report.
Kultur als strategische Ressource
Was wie eine simple Modekampagne aussieht, ist in Wahrheit ein Seismograph für eine tektonische Verschiebung: Die Eliten erkennen - ob aus Überzeugung oder zynischem Pragmatismus - dass der Westen seine kulturelle Substanz neu aufladen muss, wenn er geopolitisch überleben will.
Die Ära der Wokeness hat ihre Schuldigkeit getan. Jetzt zählt wieder Identität, Tradition und – ja – ein gewisser Stolz.
Und Sydney Sweeney? Sie ist vielleicht der erste Star eines neuen westlichen Selbstverständnisses.